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EU AI Act: Definition von AI (KI) zwischen den EU-Institutionen derzeit umstritten

Legal Insights Germany

September 26, 2023

Der AI Act ist derzeit noch in der Verhandlungsphase in Brüssel (Trilog). Er wird, wenn er verabschiedet wird, erhebliche Auswirkungen auch auf den M&A Bereich haben, da die EU europäische Unternehmen ermutigt, im KI-Sektor aktiver zu werden, aber nach wie vor besteht erhebliche Unklarheit darüber, welche Systeme und Anwendungen unter das neue Gesetz fallen und wie Künstliche Intelligenz zu definieren ist.

Ein Beispiel: Das Europäische Parlament („EP‟) möchte eine breite Liste von verbotenen KI-Systemen, einschließlich Software, die Gesichtsbilder aus dem Internet verarbeitet, während der Rat eine engere Liste bevorzugt.

Vermutlich noch schwerwiegender: Auch die Definition von KI selbst ist umstritten. In Europa wurden zahlreiche Studien zur Definition von KI durchgeführt. Viele Experten sind besorgt darüber, dass die mangelnde Klarheit der Definitionen die Anwendung des AI Acts erschwert. Die Industrie befürchtet, dass die Definition von KI im AI Act zu weit gefasst sein könnte und auch so einfache Anwendungen wie simple Berechnungen in einer Tabellenkalkulation einschließt. Auf der anderen Seite des Spektrums befinden sich diejenigen, die befürchten, dass eine zu genaue Definition den AI Act bei einem schnellen technologischen Wandel aushebelt.

Positionen der EU-Institutionen

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Definition für KI umfasst eine Reihe von Techniken und Anwendungen, die im Anhang der Verordnung aufgeführt sind.

Sowohl der Rat als auch das EP haben ihre Definitionen jedoch in den Hauptteil des AI Act verschoben. Das EP hat in seiner Version versucht, die Definition des Begriffs eines „KI-Systems‟ in Artikel 3 mit der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entiwcklung (OECD) entwickelten KI-Definition in Einklang zu bringen.

Die im EU-Rat vertretenen EU-Mitgliedstaaten sind eher besorgt, dass der AI Act zu weit gefasst ist und herkömmliche Softwareanwendungen abdeckt. Der Rat versucht, die Definition auf Systeme zu beschränken, die maschinelles Lernen, Logik oder wissensbasierte Ansätze verwenden.

Vorgeschlagene Formulierungen für Artikel 3

EU-Kommission: “[An] ‘artificial intelligence system’ (AI system) means software that is developed with one or more of the techniques and approaches listed in Annex I and can, for a given set of human-defined objectives, generate outputs such as content, predictions, recommendations, or decisions influencing the environments they interact with.”

EP“[An] ‘artificial intelligence system’ (AI system) means a machine-based system that is designed to operate with varying levels of autonomy and that can, for explicit or implicit objectives, generate outputs such as predictions, recommendations, or decisions, that influence physical or virtual environments.”

Rat der EU: Wie bereits ausgeführt, versucht der Rat die Definition auf Systeme zu beschränken, die maschinelles Lernen, Logik oder wissensbasierte Ansätze verwenden.

Wertung

Die Ansätze des EP und der EU-Kommission liegen bisher noch erheblich auseinander. Die EU-Kommission legt in ihrem Entwurf darauf Wert, dass das System „für eine gegebene Reihe von vom Menschen definierten Zielen Outputs erzeugen‟ kann. Diesen Bezug auf vom Menschen vorgegebene Ziele gibt es im EP-Entwurf nicht. Der Kommissionsentwurf bezieht sich auf Annex 1, wo die KI-Systeme näher definiert sind. Dieser Verweis macht es schwer vorauszusehen, was die Definition umfasst. Die EP-Fassung enthält ebenfalls einige Unschärfen – z.B. mit dem Begriff „unterschiedliche Autonomiestufen”. Dies sind jedoch nicht die einzige strittigen Definitionen im AI Act. Das EP hat in seinem Entwurf weitere neue Definitionen eingeführt: Dazu gehören die Bezeichnung der Nutzer von KI-Systemen als „Anwender‟ sowie die Hinzufügung neuer Definitionen für „betroffene Personen‟, „Basismodell‟ und „KI-System für allgemeine Zwecke‟.

Das allgemeine Problem ist, dass der AI Act frühestens 2025 in Kraft treten wird. Entweder bleibt der AI Act bei den Definitionen vage, damit er neue Entwicklungen einfangen kann oder er läuft an der rasanten Entwicklung vorbei. Verglichen damit ist der US-Ansatz für die KI Regelung noch vager: Die Definition im Entwurf der AI Bill of Rights lautet: „This framework applies to (1) automated systems that (2) have the potential to meaningfully impact the American public’s rights, opportunities, or access to critical resources or services.‟ (Übersetzt ins Deutsche: „Dieser Rahmen gilt für (1) automatisierte Systeme, die (2) das Potenzial haben, die Rechte, Möglichkeiten oder den Zugang der amerikanischen Öffentlichkeit zu wichtigen Ressourcen oder Dienstleistungen erheblich zu beeinträchtigen.“) Wünschenswert wäre ein gemeinsamer Ansatz der USA und der EU, was als KI durch den EU AI Act und neue US-Vorschriften geregelt werden soll. Aber das ist vermutlich Wunschdenken.

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