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Jahresrückblick: Telekommunikation in den USA: Viel Neues angestoßen, aber auch viel in der Schwebe (USA Telecommunications 2015 – Annual Review)

December 14, 2015

Washington, 14.12.2015: Die Arbeit der Federal Communications Commission (FCC) ist weiterhin von einem scharfen Gegensatz der zwei der  FCC-Kommissare aus dem Lager der Republikaner und drei der Demokratischen Partei zuzurechnenden Kommissare geprägt. Alle wichtigen FCC-Entscheidungen der Kommissare ergingen mit einer 3 zu 2 Mehrheit. Dies macht langfristige Planungen und Vorhersagen für die TK-Industrie nicht einfach.

Die größte Herausforderung erwuchs der TK-Industrie in den USA im Februar, als die FCC ihre Open Internet Order veröffentlichte.  Deren Auswirkungen sind bis heute zu spüren. Die Order wurde wie erwartet von AT&T, Comcast, US Telecom und anderen Marktteilnehmern vor dem Berufungsgericht für den District of Columbia angefochten. Am 4.12. fand die Mündliche Verhandlung vor dem Gericht statt. Der Ausgang des Streites ist offen. Das Urteil wird für das Frühjahr erwartet. Ob die Order Bestand haben wird, wird sich erst in einigen Monaten herausstellen.  Solange das Verfahren nicht mit einem bindenden Urteil endet, gibt es keine Sicherheit über die Verpflichtungen des TK-Markets  zur Netzneutralität. Der Hauptstreitpunkt ist, ob die FCC alle Unternehmen, die Breitband-Internetzugang (ISP) anbieten, als Common Carrier im Sinne des Titels II des Communications Acts einstufen durfte. Wenn das Berufungsgericht der FCC darin nicht folgt, dürfte die Order in sich zusammenfallen. Bis zum Ende der Amtszeit der Obama-Administration bleiben der FCC dann nur wenige Monate, um die mit einem solchen Urteil einhergehenden Probleme und offenen Regulierungsfragen wieder in den Griff zu bekommen.

Auch das Thema „Privacy“ (mit dem Datenschutz als Teilaspekt) nimmt bei der FCC einen wichtigen Platz ein. Dies liegt  u.a. daran, dass nach der Open Internet Order die ISP sich an die FCC-Regeln zum Schutz der Privacy halten müssen. Damit fallen die ISPs unter die Aufsicht der FCC und nicht der Federal Trade Commission (FTC). Ob diese Regelung Bestand haben wird, wird sich zeigen. Der Schwerpunkt liegt auf den Schutz der TK-Kunden bei einem Bruch der Datensicherheit. Die FCC hat ein gut ausgestattetes Enforcement Bureau, das nicht davor zurückscheut, z.B. im Falle eines Bruchs der Datensicherheit bei einem Carrier empfindliche Strafen zu verhängen.  Das Enforcement Bureau hat im abgelaufenen Jahr Strafen in Rekordhöhe auch außerhalb des Sektors „Privacy“ verhängt (z.B. kürzlich noch eine Strafe von $718.000 gegen die Blockierung von WiFi Hot-Spots in einem bestimmten Konferenzzentrum in Baltimore).  Eine erfolgreiche Anfechtung dieser Strafen hat häufig wenig Aussicht auf Erfolg und ist ein langwieriger Prozess. AT&T hat einen im Sommer ergangenen Strafbescheid der FCC in Höhe von $100 Millionen gegen einen Datenplan und damit einhergehende Drosselungen des Datenflusses vor Gericht angefochten.  

Die Debatte im die Zukunft der EU/US Safe Harbor Principles, über die in Deutschland ausführlich berichtet wurde, spielt für die US-Carrier weniger eine Rolle: die Safe Harbor Principles können ohnehin nur von US-Internehmen als Datenimporteure genutzt werden, welche der Aufsicht der FTC unterliegen, also nicht Carrier, die TK-Daten speichern oder anderweitig verarbeiten. Die FCC hat detaillierte Vorgaben zur Behandlung der so genannten CPNI (Customer Proprietary Network Information) entwickelt.

Ein dritter Schwerpunkt der Arbeit der FCC  liegt im Bereich der Anreiz-Auktionen (Broadcast Incentive Auction) für Frequenzen. Die Idee dahinter ist, dass TV-Anbieter freiwillig Frequenzen abgeben,  und sie die FCC dafür an den Erlösen beteiligt. Diese Auktion soll nach diversen Anläufen am 29.03.2016  beginnen. Die Regeln für diese wichtige Auktion sind Gegenstand heftiger Debatten in den USA.

In diesem Zusammenhang spielt die weiter fortschreitende Konsolidation des TK-Marktes eine Rolle. Der Markt ist weiterhin sehr dynamisch.  Comcast versuchte den Kauf von Time Warner Cable - der Deal wurde jedoch im letzten April untersagt. Anstelle von Comcast trat Charter Communications mit einem Gebot von $55 Mrd. auf. AT&T erhielt  im vergangen Juli die Erlaubnis zu einem $48,5 Mrd. -Zusammenschluss mit Direct TV. Das niederländische Unternehmen Altice verkündete im September eine Übernahme von Cablevision Systems Corp. in der Größenordnung von $17,7 Mrd. Vermutlich wird die FCC im kommenden Jahr einige bürokratische Schwellen und Genehmigungserfordernisse für ausländische Investoren endgültig aus dem Weg räumen.

Eine überfällige Reform des Communications Act an Haupt und Gliedern ist in der nunmehr ablaufenden Legislaturperiode unwahrscheinlich. Gesetzesinitiativen gegen die genannte Open Internet Order, wenn sie das Repräsentantenhaus und den Senat tatsächlich der einen oder anderen Form passieren sollten (z.B. in Form von Zusätzen zu einem Haushaltsgesetz), wird der der US-Präsident vermutlich durch ein Veto blockieren. Gegenwärtig genießt eine über die Abschaffung oder Außerkraftsetzung der genannten Open Internet Order hinausgehende TK-Reform keine Priorität im US-Kongress.

Kontakt:
Dr. Axel Spies
Rechtsanwalt, C.E.P. (Paris)
axel.spies@morganlewis.com