Newsletter

Bundesfinanzhof klärt Grunderwerbsteuer-
befreiungen: Wichtige Entscheidungen zu § 16 GrEStG

Legal Insights Germany

05. Dezember 2025

In zwei aktuellen Entscheidungen vom 7. Mai 2025 (II R 16/23, II R 26/23) präzisiert der Bundesfinanzhof (BFH) die Voraussetzungen für Steuerbefreiungen bei Anteilsübertragungen grundbesitzender Gesellschaften. Die Urteile betreffen die Auslegung und den Anwendungsbereich von § 16 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 GrEStG, insbesondere im Zusammenhang mit wiederholten Transaktionen und der Wiederherstellung des früheren Eigentümerstatus im Sinne des Steuerpflichtigen.

Regelung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auch auf ursprünglich nicht grunderwerbsteuerbare Vorgänge anwendbar (II R 16/23)

Im Urteilsfall befasste sich der BFH mit der Frage, ob die Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG auf den Rückerwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH nach einer Schenkung unter Vorbehalt Anwendung findet.

Der Kläger hatte sämtliche Anteile an der grundbesitzenden GmbH im Rahmen eines Vertrags mit Widerrufsrecht an seinen Sohn übertragen. Nach dem Tod des Sohnes widerrief der Kläger die Schenkung mit der Folge, dass sämtliche Anteile zurückübertragen wurden.

Der BFH bestätigt, dass ein solcher Rückerwerb infolge des Widerrufs der Schenkung unter § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG fällt, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass zivilrechtlich Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft übertragen wurden.

Voraussetzung sei insbesondere nicht, dass ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang vorausgegangen sein müsse. Der Anwendung stünde insbesondere auch nicht die Regelung des § 16 Abs. 5 GrEStG entgegen, wonach eine Rückgängigmachung nach § 16 GrEStG nur bei vollständiger und fristgerechter Anzeige möglich ist. Diese Voraussetzung sei nur einschlägig, wenn der Ausgangsvorgang der GrESt unterliege. Sofern die Ausgangstransaktion, wie im Urteilsfall, nicht grunderwerbsteuerbar und insoweit auch nicht anzeigepflichtig ist, sei § 16 Abs. 5 GrEStG insoweit unbeachtlich.

Anwendung von § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auch bei erneuter Überschreitung der Anteilsvereinigungsschwelle (II R 26/23)

Dem Urteil lag der Fall zugrunde, dass eine Gesellschaft (Klägerin) ihren zunächst 94,9%-igen Anteil durch Erwerb der weiteren 5,1%-igen Beteiligung auf 100% aufstockte. Die nach damaligem Recht dadurch begründete Anteilsvereinigung auf über 95% wurde zwar gegenüber dem Finanzamt angezeigt; dies erfolgte jedoch erst nach Ablauf der gesetzlichen Anzeigepflicht.

Ein Jahr später vereinbarten die Parteien, die Rückübertragung der 5,1%-igen Beteiligung. Den Antrag auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung lehnte das Finanzamt aufgrund Verletzung der Anzeigepflicht (§ 16 Abs. 5 GrEStG) ab.

Infolgedessen vereinbarten die Parteien, die Rückgängigmachung des Rückerwerbs der 5,1%-igen Beteiligung, so dass die Klägerin erneut Alleingesellschafterin der grundbesitzhaltenden Gesellschaft wurde und damit die 95%-ige Anteilsschwelle überschritt. Das Finanzamt setzte daraufhin erneut Grunderwerbsteuer fest. Sowohl Einspruch als auch die Klage beim Finanzgericht blieben ohne Erfolg.

Der BFH teilt diese Auffassung nicht: Vielmehr sei im vorliegenden Fall der Wiederaufstockung auf die 100%-ige Beteiligung und damit erneuten Überschreiten der 95%-Grenze die Regelung des § 16 GrEStG anwendbar. Diese ziele darauf ab, eine Grunderwerbsteuerbelastung zu vermeiden, wenn ein ursprünglicher Zustand wieder hergestellt wird. Dies gelte auch dann, wenn die Ausgangstransaktion (im Urteilsfall: Reduzierung der 100%-igen Beteiligung auf 94,9%), die später rückgängig gemacht wird, nicht der Grunderwerbsteuer unterlegen hat, weil nur eine Abschwächung der Beteiligung vorlag und deshalb keine fristgerechte Anzeige nach § 16 Abs. 5 GrEStG erfolgte.

Maßgeblich sei allein, dass bei Wiederherstellung eines früheren Zustands keine Grunderwerbsteuer für einen nur vorübergehend bestehenden Zustand ausgelöst werden soll. 

Bedeutung für die Praxis

Die beiden BFH-Urteile schaffen erhebliche Rechtssicherheit hinsichtlich der Anforderungen für eine Rückgängigmachung der Grunderwerbsteuer nach § 16 GrEStG gerade bei Rückgängigmachung von Vorgängen, die nicht der GrESt unterlegen haben.

Unabhängig davon erscheint bis zur Anerkennung der Urteile durch die Finanzverwaltung empfehlenswert auch nicht steuerbare Sachverhalte dem zuständigen Finanzamt innerhalb der in § 16 Abs. 5 GrEStG genannten Frist mitzuteilen. Weiterhin ist sicherzustellen, dass in allen anderen Fällen eine vollständige und fristgerechte Anzeige i.S.v. § 16 Abs. 5 GrEStG erfolgt.

______________

WEITERE ARTIKEL DIESER AUSGABE: