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BFH äußert sich in zwei Urteilen zu den Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft

Legal Insights Germany

13. Mai 2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in zwei Urteilen im Sinne des Steuerpflichtigen zu den Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft geäußert.

Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin (Urteil vom 27. November 2024, Az. I R 23/21)

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin (GmbH) als Organgesellschaft und der X-KG als Organträgerin bestand ein Ergebnisabführungsvertrag. Die X-KG war an insgesamt neun Tochtergesellschaften beteiligt, hatte keine eigene Arbeitnehmer und erbrachte keine konzerninternen Dienstleistungen.

Das Finanzamt erkannte die körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der X-KG als Organträgerin nicht an, da die X-KG im Streitjahr keine eigene gewerbliche Tätigkeit aufgenommen habe und die bloße Tätigkeit als geschäftsleitende Holding nicht als gewerbliche Tätigkeit gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG qualifiziere. Das erstinstanzliche Finanzgericht sah hingegen die X-KG als taugliche Organträgerin an und gab der Klage statt.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die finanzgerichtliche Entscheidung mit der Begründung, dass eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG auch dann gegeben sei, wenn die Organträger-Personengesellschaft ausschließlich als geschäftsleitende Holding tätig ist. Konzerninterne entgeltliche Dienstleistungen oder andere zusätzliche gewerbliche Aktivitäten seien entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht erforderlich.

Unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Eingliederung führt der BFH weiter aus, dass es für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ausreichend sei, wenn die geschäftsleitende Tätigkeit anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls nach außen erkennbar ist. Dies sei insbesondere gegeben, wenn die Holding Richtlinien über die Geschäftspolitik der abhängigen Unternehmen aufstellen und diesen zuleiten oder diesen schriftliche Weisungen erteilen würde. Unter Umständen können – so der BFH – auch schriftlich festgehaltene Empfehlungen, Besprechungen sowie Beratungen für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ausreichend sein.

ORGANSCHAFT UND ATYPISCH STILLE BETEILIGUNG (URTEIL VOM 11. DEZEMBER 2024, AZ. I R 33/22)

Sachverhalt

Die Klägerin (GmbH) hatte als Organgesellschaft mit ihrer alleinigen Gesellschafterin (KG) einen Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Darüber hinaus wurde eine atypisch stille Beteiligung der KG an der GmbH begründet.

Das Finanzamt und das erstinstanzliche Finanzgericht vertraten die Auffassung, dass die atypisch stille Beteiligung an der GmbH mangels Abführung des ganzen Gewinns unter dem Gewinnabführungsvertrag schädlich für die Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft sei.

Entscheidung des BFH

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die atypisch stille Beteiligung an der GmbH der Abführung des „ganzen Gewinns” und damit der Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft nicht entgegenstehe. Ungeachtet der bestehenden atypisch stillen Beteiligung könne die Organgesellschaft ihren „ganzen Gewinn“ im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG an den Organträger abführen.

Der BFH begründet seine Auffassung insbesondere mit dem Verweis des § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG auf § 291 AktG. Daraus folge, dass für die Frage, wie der “ganze Gewinn” zu bestimmen ist, das Zivilrecht maßgeblich sei. Gegenstand der Abführungsverpflichtung sei somit der Jahresüberschuss gem. § 301 Satz 1 AktG und nicht etwa der steuerrechtlich ermittelte Gewinn. Der Gewinnanteil des atypisch still Beteiligten sei zivilrechtlich als Aufwand zu erfassen und mindere somit den abzuführenden Jahresüberschuss. Das auf dieser Basis geminderte Jahresergebnis stelle sodann den „ganzen Gewinn“ im Sinne des § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG dar.

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass sich der BFH mit diesen beiden Entscheidungen zur Organschaft im Sinne des Steuerpflichtigen gegen die Auffassung der Finanzverwaltung positioniert. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die neue Rechtsprechung reagieren wird.

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